Bild nicht mehr verfügbar.

Ernste Gesichter prägten die Vorgespräche zur Eurogruppe, die die Chefs der wichtigsten Gläubigerinstitutionen mit Premier Alexis Tsipras führten.

Foto: Reuters/Virginia Mayo

Spannung bis zur letzten Minute, wenn die Staats- und Regierungschefs Donnerstagnachmittag zum EU-Gipfel anreisen: Das versprachen die Verhandlungen der Finanzminister der Eurogruppe, die sich Mittwochabend in Brüssel zum dritten Mal in einer Woche trafen, um über eine Lösung im Schuldenstreit mit Griechenland zu verhandeln.

Die Sitzung wurde bereits nach einer Stunde wieder vertagt, weil die Experten im Vorfeld keine Entscheidungsgrundlage herstellen konnten. Die Forderungen der Regierung in Athen und der Geldgeber klafften weit auseinander.

"Der Stand der Vorbereitungen ist nicht so, dass man optimistisch sein kann, dass wir heute ein Ergebnis erzielen", sagte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble voraus.

Der deutsche Finanzminister Schäuble vor dem Treffen der Euro-Finanzminister am Mittwoch.
European Union/ebs

Sein Kollege Hans Jörg Schelling erklärte, man sei nicht viel weiter als am Montag beim ergebnislosen Eurogipfel. Es fehlten "die Unterlagen und dringend erforderliche Umsetzungspapiere", monierte der österreichische Finanzminister.

Stellungnahme von Finanzminister Schelling.
European Union/ebs

Der "größte Brocken" sei aber, dass Athen nach wie vor auf eine Schuldenumschichtung von Verbindlichkeiten bei der Zentralbank hin zu dem von den Eurostaaten getragenen ESM, dem Rettungsfonds, bestehe, was "einem dritten Hilfsprogramm durch die Hintertür gleichkäme".

Das lehnen die Europartner strikt ab. Weil die beteiligten Verhandlungsparteien – EU, Zentralbank und Währungsfonds, sowie die griechische Regierung – in ihren Vorstellungen so weit auseinanderliegen, werden sich die EU-Regierungschefs vermutlich doch bis ins Detail mit der Griechenlandkrise beschäftigen müssen. Auf dem Tisch der Eurogruppe liegt das Grundkonzept der Regierung in Athen, das die Geldgeber abändern wollen: weniger neue Steuern, dafür mehr Ausgabenkürzungen im Haushalt und Reformen. Premier Alexis Tsipras hat ein Paket von Maßnahmen vorgeschlagen, die bis 2016 7,9 Milliarden Euro bringen sollten.

Rotstift gezückt

Fast 90 Prozent davon waren Einnahmen in Form von erhöhten Steuern und Abgaben für Firmen und Pensionisten bzw. bei Mehrwertsteuern. Tsipras war Mittwoch nach Brüssel gereist, wo er Kommissionschef Jean-Claude Juncker, EZB-Präsident Mario Draghi und IWF-Chefin Christine Lagarde konsultierte.

Die Gläubiger haben den Rotstift gezückt, seinen Maßnahmenkatalog so korrigiert, dass sein Einverständnis kaum möglich schien. Ob die in roter Farbe geschriebenen Änderungen in dem Fünf-Seiten-Papier, das dem Standard vorliegt, allein vom IWF stammen, war nicht ganz klar.

Ausradiert wurde schon einmal die geplante einmalige Steuer von zwölf Prozent auf Unternehmensgewinne über 500.000 Euro in diesem und im nächsten Jahr. Eine Erhöhung der Körperschaftssteuer von 26 auf 29 Prozent sollte wieder gestutzt werden – auf 28 Prozent. Die Rechnung der Athener Regierung für den Primärüberschuss, den sie 2015 und 2016 erzielen soll, ging nach diesen Korrekturen nicht mehr auf. Dafür schrieben die Gläubiger wieder eine Null-Defizit-Klausel für Pensionsversicherungen ins Papier.

Die Regierung hatte sich um diese 2010 vereinbarte, dann aufgeschobene, Regelung vorbeigeschummelt. Sie bedeutet, dass Zusatzpensionen noch heuer gestrichen werden müssten. Dabei handelt es sich um Pensionen von monatlich durchschnittlich 160 Euro, die im öffentlichen Sektor ausschließlich vom Arbeitnehmer in der Erwerbszeit angespart wurden.

Vor allem der IWF drängt darauf, dass Athen stärker ausgabenseitig spart: So soll der Verteidigungshaushalt nicht nur um 200, sondern um 400 Millionen Euro beschnitten werden. Auch will der IWF eine sofortige Anhebung des Pensionsalters. Lagarde fürchtet, dass zu viele Erhöhungen von Steuern und Abgaben das Wachstum abwürgen. Die Kommission hat dabei eine "weichere" Haltung. Sie bot Tsipras an, dass mögliche EU-Investitionen im Volumen von 35 Milliarden Euro bis 2020 forciert werden, indem besonders günstige Konditionen vereinbart werden. So könnte noch 2015 zusätzlich eine Milliarde Euro fließen. (Thomas Mayer aus Brüssel, Markus Bernath aus Athen 24.6.2015)